top of page
  • Artikel in DIE WELT

Jetzt optimal Heizung sanieren durch eine Brennstoffzelle 16 000€ Fördermittel

Der Sanierungsstau im Heizungskeller wird zum Problem für Deutschland. Experten warnen vor Milliardenstrafen aus Brüssel, wenn die CO2-Einsparziele nicht erreicht werden. Eine neue Heiztechnik könnte die Wende bringen.

Die drohenden EU-Klimastrafen für Deutschland sorgen nicht nur in der Autobranche für wachsende Unruhe: In einem Brandbrief an das Bundeswirtschaftsministerium warnt jetzt die Heizungsindustrie vor den weitreichenden Folgen klimapolitischer Untätigkeit im Immobiliensektor.

Denn der Gebäudebereich in Deutschland soll seine CO2-Emissionen von heute 119 Millionen auf 72 Millionen Tonnen im Jahr 2030 reduzieren. Gelingt dies nicht, drohen im Rahmen der europäischen Vorgaben zum „Effort-“ oder „Burden sharing“ Strafzahlungen, die Schätzungen zufolge im zweistelligen Milliardenbereich liegen können.

Die Gefahr für den deutschen Steuerzahler ist akut: In einem Schreiben an den Parlamentarischen Wirtschaftsstaatsekretär Thomas Bareiß warnt der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH), dass das Erreichen der CO2-Minderungsziele im Gebäudebereich derzeit „in weite Ferne rückt – zumal unsere Kollegen von der Dämmstoff- und Fensterindustrie ebenfalls eine unzureichende Marktentwicklung im Sanierungsbereich beklagen“.

Der Heizungstausch stagniert

Dabei verweisen BDH-Präsident Uwe Glock und Hauptgeschäftsführer Andreas Lücke auf die unbefriedigenden Absatzzahlen im vergangenen Geschäftsjahr. Sie liegen WELT exklusiv vor.

Grundsätzlich sieht die Jahresbilanz der deutschen Heizungsindustrie dort nicht schlecht aus: Insgesamt 730.000 Wärmeerzeuger wurden 2018 abgesetzt, ein Plus von drei Prozent. Nur: „Die drei Prozent Wachstum entfallen praktisch vollständig auf den in 2018 nach wie vor recht dynamischen Neubau“, schränken Industrievertreter ein: „Hingegen stagnierte der Heizungstausch.“

Bleibt es dabei, wird Deutschland die EU-Vorgaben für 2030 deutlich verfehlen. Auch wenn noch nicht ganz klar sei, wie hoch die drohenden Strafzahlungen für Deutschland dann ausfallen werden, „wäre es sinnvoll, solche Zahlungen, egal in welcher Größenordnung, zu vermeiden“, appellieren die Heizungsleute an die Regierung: Dafür müsse man „heute bereits die Modernisierungsquote im Bereich der Gebäude- und Anlagentechnik deutlich erhöhen, wenn nicht sogar verdoppeln“.

Mit der Anregung, den Austausch alter Heizungen über steuerliche Abschreibungen zu fördern, waren die Hersteller in den vergangenen Jahren immer wieder an blockierenden Finanzpolitikern gescheitert. Jetzt, mit dem Damoklesschwert hoher Milliardenstrafen über dem Bundeshaushalt, wächst die Hoffnung, dass endlich Bewegung in die Sache kommt.

Ein staatlicher Anschub für die Heizungserneuerung, heißt es in dem Schreiben an den Staatssekretär, „entspräche gewissermaßen dem unternehmerischen Ansatz, heute zu investieren, um hohe drohende Strafzahlungen Mitte des kommenden Jahrzehnts zu vermeiden“.

Wie um der Politik die Sache zusätzlich schmackhaft zu machen, wartet die Heizungsindustrie in diesem Jahr mit einem neuen Hightechprodukt auf, das wie gemacht zu sein scheint für Erfolg in der Wärmewende: die Brennstoffzellenheizung. „Erneuerbare Energien und Brennstoffzelle sind ein Dream-Team“, wirbt Timm Kehler, Vorstand der Brancheninitiative Zukunft Erdgas: „Diese Technik bringt uns klar in die Zukunft.“

Brennstoffzellen werden zum Massenmarkt

Stationäre Brennstoffzellen auf Erdgasbasis, die im Heizungskeller Strom und Wärme gleichzeitig produzieren, sind für Fachleute nichts Neues. Doch im Markt fand diese Heiztechnik bislang kaum statt. Installiert wurden solche Geräte bislang nur „in homöophatischen Dosen“, sagt BDH-Chef Andreas Lücke, der gemeinsam mit Kehler der Initiative Brennstoffzelle (IBZ) vorsteht: „Doch 2018 wurden zum ersten Mal nennenswerte Stückzahlen produziert.“ Die Brennstoffzelle habe jetzt „ihren Exotenstatus verloren und entwickelt sich für die Hersteller rasch zu einem wachstumsstarken, internationalen Geschäftsfeld“.

Die Geburtsstunde der funktions- und massenmarktfähigen Brennstoffzellenheizung wird auf der weltgrößten Messe für Gebäudetechnik, der Frankfurter ISH ab dem 11. März zelebriert. Denn die Wachstumszahlen berechtigen zu einiger Hoffnung: Wurden 2017 deutschlandweit nur 1500 „BZ-Heizungen“ installiert, waren es 2018 mit 3500 bereits mehr als doppelt so viele. Für dieses Jahr sagt die Branche fast eine Verdreifachung der verkauften Stückzahlen voraus.

Bei einer Leistung von bis zu 1000 Watt bringe es eine BZ-Heizung auf 6000 bis 7000 Nutzungsstunden im Jahr, sagt Kehler. Für die übrige Zeit diene ein kleines Brennwertgerät als Back-up. Das schmälere die Vorzüge der neuen Technik allerdings nicht, behauptet der Branchensprecher: „Die Brennstoffzelle ist die effizienteste verfügbare Heiztechnologie und bringt die geringsten Energiekosten für Hausbesitzer.“

Aus Sicht der Energiewendeplaner sei der Nutzen der stromproduzierenden Heizung „so vielseitig wie ein Schweizer Taschenmesser“, wirbt der IBZ-Chef weiter. Denn durch die dezentrale Erzeugung von Strom und Wärme wird die Bedeutung von Großkraftwerken reduziert. Zudem handelt es sich um eine Technik, die nicht nur im Neubau, sondern auch bei Heizungserneuerungen gefragt ist und damit eine wichtige Angebotslücke füllt, so Kehler: „Zwei Drittel der Verkäufe gehen in den Bestand.“

Zwar basiert die neue Heiztechnik vorerst ebenfalls auf Erdgas und damit einem fossilen Energieträger. Doch nach den Vorstellungen in Wissenschaft und Energiewirtschaft sollen künftig immer mehr klimaneutraler Wasserstoff aus Elektrolyseanlagen sowie Biogase ins Leitungsnetz eingespeist werden.

Erdgas werde damit schrittweise immer „grüner“ – bis hin zur völligen Umstellung auf klimaneutrale synthetische Gase in der Zukunft. Die neue Heiztechnik komme mit der sich ändernden Gaszusammensetzung technisch problemlos zurecht, sagt Kehler: „Die Brennstoffzelle ist ein Allesfresser.“

Modernisierung der Heizungen senkt Energiebedarf um 15 Prozent

Mit einem Bedarf von rund 790 Terawattstunden ist die Produktion von Raumwärme und Warmwasser der größte Energieverbraucher nach dem Verkehr. Durch eine konsequente Modernisierung des Heizungsbestandes könnte der gesamte deutsche Energieverbrauch um 15 Prozent reduziert werden, argumentiert der BDH, in dem neben Größen wie Viessmann, Vaillant und Bosch Thermotechnik rund 100 Unternehmen zusammengeschlossen sind, die mit ihren 74.800 Mitarbeitern in Europa auf einen Marktanteil von 60 Prozent, in Deutschland auf 90 Prozent kommen.

Nach der vorläufigen Jahresbilanz 2018 verzeichneten Wärmepumpen mit einem Plus von acht Prozent auf 84.000 Verkäufe noch einmal den größten Wachstumssprung, gefolgt von einem vierprozentigen Wachstum bei Gasbrennwerttechnik.

Während die Verkäufe von Ölbrennwertkesseln leicht auf 58.500 zurückgingen, legten Ölniedertemperaturkessel leicht auf 3500 Neuverkäufe zu. Die Verkäufe von Biomassekesseln gingen um neun Prozent zurück. Während der Absatz von Pelletheizungen um drei Prozent zurückging, sanken die Verkäufe von Scheitholzöfen sogar um 19 Prozent auf noch 8500 Stück.

Empfohlene Einträge
Versuche es später erneut.
Sobald neue Beiträge veröffentlicht wurden, erscheinen diese hier.
Aktuelle Einträge
Archiv
Schlagwörter
Noch keine Tags.
Folgen Sie uns!
  • Facebook Basic Square
  • Twitter Basic Square
  • Google+ Basic Square
bottom of page